Zwei Vertreter des Max-Windmüller-Gymnasiums haben kürzlich an einem besonderen Workshop teilgenommen: Der Elftklässler Finn Bjerknes und Max-Lehrer Johannes Hessel waren Teil der deutschen Gruppen bei einem Startup-Workshop für deutsch-indische Schulpartnerschaften. Im indischen Bundesstaat Kerala haben sie eine Woche intensiv gearbeitet, wie Finn berichtet:
Am Freitagabend des 14.10.2016 hieß es für uns, das Lehrer-Schüler-Tandem, Johannes Hessel und Finn Bjerknes, Abfahrt. Das Ziel lag im 7800 km entfernten Indien, um genau zu sein: im Bundesstaat Kerala, also an der Südwestküste Indiens. Dort vertraten wir unsere Schule bei einem Startup-Workshop der UNESCO-Projektschulen zur Findung von indischen Partnerschulen. Am Flughafen in Indien angekommen, trafen wir das erste Mal auf die anderen Tandems und fuhren mit ihnen zum ca. 200 km entfernten Hotel. Nicht nur der Linksverkehr und die sehr spezielle Fahrweise der Inder, sondern auch der Kontrast von extremer Armut und großem Reichtum ließen Schüler wie Lehrer gleichermaßen staunen.
Im Hotel traf die deutsche Gruppe erstmals auf ihre indischen Korrespondenten, die ebenfalls in Tandems angereist waren und Schulen aus ganz Mittel- und Süd Indien vertraten.
Am ersten Tag musste jeder Schüler ein zuvor entwickeltes oder in seiner Umgebung stattfindendes Projekt präsentieren, natürlich auf Englisch. Ich präsentierte „Yougend Integrate“, welches seit Anfang des Jahres unter der Leitung von Eun-Heui Chae monatlich stattfindet und gemeinsam mit der ehemaligen Max-Schülersprecherin Stina Wrede initiiert wurde. Wie für alle vorgestellten Projekte gab es dafür sehr positive Rückmeldungen und viel Lob.
Am Abend haben wir dann eine kleine Kennlernrunde abgehalten und gemeinsam zu Abend gegessen. Das sehr leckere, aber auch sehr scharfe indische Essen bekam den einem eher, dem anderen weniger gut. Zugegebenermaßen war es auch mir oft zu scharf. Doch davon abgesehen freuten wir uns alle auf eine Woche mit interessanten Eindrücken, vielseitigen Diskussionen und natürlich der hoffentlich erfolgreichen Suche nach einer Partnerschule.
In den darauffolgenden Tagen gestaltete das UNESCO-Projektschulen-Team unter der Leitung des Bundeskoordinators Heinz-Jürgen Rickert ein sehr spannendes und abwechslungsreiches Programm. Zuerst standen Workshops an. In diesen sollten Gruppen von sechs bis acht Personen, gemischt aus deutschen und indischen Teilnehmern, über sogenannte „Sustainable Development Goals“, also globale Nachhaltigkeitsziele diskutieren. Dazu gehören „Armut in jeder Form und überall beenden“, „Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen“, „Den Hunger beenden“, „Ökosysteme schützen“. In meiner aus mehreren indischen und deutschen Schülern und einem indischen Lehrer bestehenden Gruppe führten wir einen sehr interessanten multikulturellen Dialog und ich bekam vielseitige Einblicke in eine andere Art und Weise der Problembewältigung, aber auch vielschichtige Ansichten zu solch wichtigen Themen.
Unter dem Motto « Land und Leute kennenlernen » machten wir gemeinsam mit den indischen Teilnehmern zwei Ausflüge. Als erstes stand der Besuch einer autarken Schule Non-profit-school an. Diese Schule produziert vieles, was sie verbraucht, selber. Dazu gehört zum Beispiel der eigene Anbau von Gemüse, welches in der Schulkantine zum Mittagessen weiterverarbeitet wird. Darüber hinaus besuchten wir sämtliche Produktionsstätten (Töpferei, Bäcker, …) und bekamen einen Einblick in das Leben einer von der Außenwelt weitestgehend unabhängigen Institution. Die Schüler, welche meistens aus bildungsfernen ländlichen Familien stammen, werden dort im Anbau von Nutzpflanzen und nachhaltigen Anbaumethoden unterrichtet und somit auf das spätere Leben (auch auf eine mögliche Ausbildungsstelle) bestens vorbereitet. Diese Aspekte wurden uns vom Schulleiter erklärt und waren für viele von uns Schülerinnen und Schülern ohne die gewonnenen Eindrücke kaum vorstellbar. Nach einem Rundgang über den Campus aßen wir alle gemeinsam zu Mittag in einem der Speiseräume der Schule, wobei wir dann am eigenen „Mund“ erfahren konnten, dass die Schärfe des Essens, der wir im Hotel begegnet waren, das Minimum des in Indien Möglichen darstellte.
Danach ging es in eine, wie mir erklärt wurde, für indische Verhältnissen kleine Stadt mit fünf Millionen Einwohner. Die indischen Lehrer übernahmen die Führung und vermittelten uns auf der einen Seite sehr interessante und auf der anderen Seite aber auch irritierende und befremdliche Eindrücke einer großen, lauten und bunten Kleinstadt Indiens. Nach einer Stärkung in einem indischen Süßigkeitenladen ging es dann per Bus zurück zum Hotel. Ein Badeausflug zum nahen Indischen Ozean war aufgrund von typischen indischen Terminverschiebungen und Unpünktlichkeiten an diesem ereignisreichen Tag leider nicht mehr möglich.
Am letzten Tag wurden wir in der International School of Trivandrum feierlich verabschiedet. Es gab einige Tänze mit musikalischer Begleitung, sowie Reden von politischen Vertretern wie z.B. dem Bildungsminister von Kerala und der Schulleiterin der Internationalen Schule in Trivandrum. Ein weiterer Programmpunkt war die Präsentation der Arbeitsergebnisse des Workshops. Als Repräsentant meiner Workshop-Gruppe präsentierte ich einige Statements, die wir zu unseren Themen verfasst hatten. Zuletzt führten wir, die Schülerinnen und Schüler, die an dem Projekt teilgenommen hatten, ein multikulturelles Theaterstück auf, das wir zuvor innerhalb eines Tages eingeübt hatten. Thematisiert wurde die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft, mit vielen möglicherweise auftretenden Problemen. Ich verkörperte einen Politiker und spielte meine Rolle, wie dem Feedback zu entnehmen war, sehr überzeugend.
Natürlich haben wir am letzten Tag Gespräche über mögliche Schulkooperationen geführt. Wir fanden schnell eine mögliche Partnerschule und tauschten Ideen und Vorstellungen aus. Vorerst bleibt es jedoch dabei, dass wir nur Kontakt halten. Nun muss in Indien und Emden noch vieles in die Wege geleitet werden, jedoch sind Schüler und Lehrer beider Schulen sehr zuversichtlich hinsichtlich einer zukünftigen Zusammenarbeit.
Anschließend trennten sich unsere Wege. Während die indischen Teilnehmer sich mit dem Auto auf den Heimweg machten, wurden wir ein letztes Mal zum Hotel gefahren, um von dort unsere 28 Stunden Heimreise anzutreten.
Abschließend können alle auf einer Woche voller positiver Impressionen zurückblicken. Diese Fahrt hat meine Sichtweise auf viele Dinge geändert. Alleine das Kennenlernen des Lebensalltages eines Landes mit mehr als einer Milliarde Einwohnern war die Fahrt mehr als wert.
Das neu erlernte Wissen wollen wir nun auch in unserer Schule umsetzen und natürlich muss die Schulkooperation mit der internationalen Schule von Bangalore (soviel sei an dieser Stelle bereits verraten) geplant und durchgeführt werden. Und voraussichtlich soll dann schon in ein paar Jahren der erste Austausch mit dem Land mit den vielen Gesichtern und dem sehr scharfem Essen stattfinden.
Am Abschluss der Reise bekam ich ein sehr positive Rückmeldungen von dem Bundeskoordinator der UNESCO-Projektschulen und ein sehr interessantes Angebot für ein Praktikum.