Zwanzig neue Stolpersteine: Zum dreizehnten Male verlegte Gunter Deming in der Innenstadt Pflastersteine, deren Messing-Oberflächen mit wenigen Zeilen an Schicksale von Menschen erinnern, die lange vergessen waren. Zu den Emdern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert oder ermordet wurden, gehört neben den vielen jüdischen Opfern und politischen Gegnern der Nazis auch die Gruppe der Krankenmorde: Gerade einmal sieben und zwölf Jahre alt waren Walter Esau und Angela Janssen, als sie ermordet wurden.
Während bei Walter noch vor seinem ersten Geburtstag durch eine Gehirnhautentzündung schwere geistige und körperliche Beeinträchtigungen auftraten, zeigte sich Angela nach einem Sturz aus dem Kinderbett im Alter von eineinviertel Jahren stark entwicklungsverzögert. In beiden Fällen wurden die Eltern beim Gesundheitsamt Emden vorstellig, das die Überstellung in die Rotenburger Anstalten veranlasste, vin wo er im Alter von fast sechs Jahren nach Lüneburg verlegt wurde. Anders als der Name der Anstalt glauben ließ, war für die Ärzte in der dortigen „Kinderfachabteilung“ eine menschenwürdige Behandlung niemals das Ziel: Als sogenanntes „Reichsausschusskind“ wurde Walter nur schlecht ernährt und kaum gepflegt, bis er nach neun Monaten in der Anstalt durch ein ärztliches Gutachten zur Tötung bestimmt wurde. Am 13.12.1942 starb Walter durch die Wirkung des Medikamentes „Luminal“, das auch Angela Janssen verabreicht wurde, die zwischenzeitlich in die Kinderfachabteilung Uchtspringe verlegt worden war. Als sie am 14.12.1941 starb, wurde den Eltern jedoch mitgeteilt, dass eine Grippe zum Tode ihrer Tochter geführt habe.
Lange war ihr nichts Genaueres über das Schicksal der kleinen Angela bekannt, wie Anna Ohlemann berichtete, die jüngere Schwester Angela Janssens. Es habe keine Geschichten gegeben, es wurde geschwiegen. Nur, dass mit Angela „etwas war“, wurde erzählt. Erst 2004 erfuhr Anna Ohlemann was wirklich mit ihrer Schwester, von der sie im Alter von drei Jahren getrennt wurde, geschehen war: Im Rahmen privater Recherchen in Uchtspringe erhielten Anna Ohlemann und ihr Mann Siegfried Einblick in die Akten und erfuhren, dass Angela ermordet worden war.
Dafür, dass nun ein Stolperstein in Emden an ihre Schwester erinnert, könne sie nur danken: „Es gibt Schmerzen, die kann man nicht sehen, aber die sind, auch nach so langer Zeit , noch da.“
An der diesmaligen Verlegung wirkten wiederum Max-Schülerinnen mit: Laura Oldewurtel, Wencke Jürrens, Anna-Lena Klein, Mia Busch (alle Jg.10), Derya Aldemir, Louisa Franke (beide Jg.11) und Merit Klus (Jg.12) von der Projektgruppe „Keep The Memory Alive!“ verlasen neben Angela Janssen und Walter Esau auch die Biografien von Georg und Henriette Wollenberger, Heinrich und Bina Werno und Diedrich Wiers – vielen Dank!
Das Projekt „Keep The Memory Alive!“ findet im Rahmen des Programms JUGEND erinnert statt und wird durch die Stiftung EVZ und das Auswärtige Amt gefördert.