Unsauberes Wasser, Korruption, Mangelernährung, Krankheiten, Umweltzerstörung, fehlende Bildungsmöglichkeiten oder Diskriminierung von Mädchen und Frauen – die Liste der Probleme in Ländern wie Nepal, Simbabwe oder Indien ist lang, ein Kampf dagegen scheint nahezu aussichtslos. Doch Dilip, Puran und Siatra lassen sich davon nicht entmutigen, ganz im Gegenteil: Am Max-Windmüller-Gymnasium berichteten sie von ihrer Arbeit vor Ort, um die dortige Lebenssituation zu verbessern.
Als Teil einer von der Kinderrechtsorganisation terre des hommes organisierten internationalen Jugenddelegation besuchen die drei Jugendlichen derzeit Schulen in Norddeutschland, um sich mit deutschen Schülern ihrer Altersstufe über ihre jeweilige Lebenssituation auszutauschen. „Gleichzeitig ist eine weitere Gruppe in Süddeutschland unterwegs“, erläutert Anne Büschemann. Als Projektkoordinatorin von terre des hommes hat sie die Jugendlichen nach Deutschland eingeladen und besucht an insgesamt 17 Schulen den Unterricht – in Emden zusammen mit Regionalkoordinator Daniel Hewer und tdh-Mitarbeiterin Marianne Siede: „Alle drei arbeiten in ihren Ländern sehr intensiv und mit vielen guten Ideen im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele.“
Diese Ziele, kurz: SDGs (Sustainable Development Goals) waren in den vergangenen Stunden auch Thema des Unterrichts von Max-Lehrer Johannes Hessel: „Die Schülerinnen und Schüler haben zu den Zielen „Ernährungssicherheit“, „Ungleichheit verringern“ und „Friedliche und inklusive Gesellschaften“ gearbeitet und dazu Ideen entwickelt.“ Beim Besuch der Jugenddelegation standen diese nun zur Diskussion: „Die Idee einer unabhängigen Polizei gefällt mir gut“, äußerte Siatra nach der Vorstellung der Ergebnisse der Max-Schüler, um danach von der Situation in Simbabwe zu berichten. Dort seien Polizisten korrupt und steckten immer wieder Geld in die eigene Tasche. „Der Staat bezahlt seine Angestellten sehr unregelmäßig und schlecht, sodass Korruption ein Weg ist, um die Familie ernähren zu können.“ Siatra geht es wie vielen Menschen in Simbabwe: Angesichts der hohen Kosten von 300 Dollar pro Jahr kann die Achtzehnjährige seit zwei Jahren nicht weiter zur Schule gehen. – trotzdem will sie ihr Land nicht verlassen: „Natürlich gefällt mir Deutschland sehr gut. Aber ich will in Simbabwe bleiben, um anderen zu helfen.“
Einen beeindruckenden Einblick in ihre Lebenswelt gaben auch Puran aus Indien und Dilip, der aus einer entlegenen Gegend in Nepal stammt: Erst nach einem zweitägigen Fußmarsch und einer dreitägigen Busreise hatte er Kathmandu erreicht, von wo er nach Delhi weitergereist war, um von dort nach Deutschland zu fliegen. Sein größter Wunsch erfüllte sich in Bremerhaven, als er zum ersten Mal das Meer gesehen hat: „Der schönste Tag in meinem Leben!“
Der Besuch von Jugendlichen aus Schwellen- und Entwicklungsländern stellt für die Max-Lehrer Jochen Scheuermann eine Fortsetzung der Arbeit der letzten Monate dar. Im Oktober und im Dezember waren mit Finn Bjerknes und Johannes Hessel sowie Sarah Nour el Din und Scheuermann selbst jeweils zwei Schüler-Lehrer-Tandems nach Indien bzw. Beirut gereist, um sich dort mit anderen Jugendlichen zu den SDGs auszutauschen: „Diese Gruppe nun am Max begrüßen zu dürfen, ist deshalb eine gute Möglichkeit, das Thema auch hier zu vertiefen.“
Der Besuch der Delegation hat die Schülerinnen und Schüler beeindruckt: „Mir hat besonders gut gefallen, in kleinen Gruppen ganz viel über das Leben der Jugendlichen zu erfahren. Dabei ist uns aufgefallen, dass wir die Probleme, die es in Deutschland gibt, gar nicht aussprechen wollten, weil wir sie gar nicht mehr als Probleme wahrnehmen konnten. Wir kennen Dinge wie Hunger und Armut gar nicht“, schilderte Okka Groeneveld.
Bereits jetzt laufen die ersten Planungen für weitere Projekte dieser Art, so Max-Lehrer Kai Gembler: „Wir hoffen, dass wir beim nächsten Mal noch intensiver und länger arbeiten können.“
Weitere Zitate von Workshop-Teilnehmern:
Die Veranstaltung hat mir unglaublich gut gefallen, die Zeit verging so schnell, dass ich am Ende ganz überrascht war, dass der Schultag schon um war. Auch nachmittags war es toll, sich privat und ungezwungen mit den Jugendlichen zu unterhalten. Bei einer kleinen Schneeballschlacht und beim Laser-tag waren wir alle nur junge Menschen mit verschieden Hintergründen, die sich super verstanden haben und sich füreinander interessieren, da war auch die Sprache keine Hürde mehr.JohannaSiatra war mit 18 Jahren eine sehr erwachsene Persönlichkeit und der Besuch hat mir und vielen anderen Schülern sehr gut gefallen. Die Einblicke in die verschiedenen Welten der Besucher sowie deren Probleme waren spannend und gaben viele Anstöße zum Nachdenken.CalvinIch finde, dass man zwar immer in den Medien über die Missstände in Ländern wie beispielsweise Simbabwe hört, aber wenn man es von den Betroffenen selber hört, nimmt man es sich viel mehr zu Herzen und denkst darüber nach! Siatra war sehr offen und konnte auf alle Fragen antworten. Außerdem war sie sehr positiv verwundert, dass wir sie als reine Jungsgruppe integriert haben, da in Simbabwe die Männer niemals so mit Frauen diskutieren wurden. Es hat sehr viel Spaß gemacht und war sehr informativ mit ihr zu sprechen!MatsIch war beeindruckt von der Lebensfreude, der Bewältigung des Alltages und der Energie der Gäste, die Situation ändern und verbessern zu wollen, trotz der schwierigen Lage in ihren Ländern, mit Problemen, die wir uns in Deutschland überhaupt nicht vorstellen können.Wiebke