„Knapp 560€ an zwei Sonnabenden – und das vor Weihnachten? Das hätte ich nicht erwartet!“ Florian Müller-Goldenstedt, Leiter des Tagesaufenthaltes für Obdachlose in Emden, zeigte sich überrascht von der Höhe der Spendensumme, die die Schülerinnen und Schüler des Max-Windmüller-Gymnasiums bei ihrer diesjährigen Weihnachtsaktion eingenommen haben. An zwei Adventssonnabenden hatten die Mitglieder der Schülervertretung im MediaMarkt Waffeln gebacken und Kinderpunsch ausgeschenkt und so ganz genau 557,54€ eingenommen, die nun Müller-Goldenstedt zugusten wohnungsloser Menschen überreicht wurden.
Davon gibt es in Emden deutlich mehr als man glaubt: „Etwa 120 Menschen waren 2015 zeitweilig obdachlos“, erklärte Müller-Goldenstedt, der den SV-Angehörigen im Rahmen der Spendenübergabe ausführlich von seiner Arbeit im Tagesaufenthalt berichtete. Dieser ist für Wohnungslose mehr als ein Ort, an dem man sich ein wenig aufwärmen, etwas essen oder sich waschen kann: Das Haus bietet Obdachlosen vor allem auch die Möglichkeit eine Adresse angeben zu können – Vorraussetzung für den Bezug des Arbeitslosengeldes II, besser bekannt als Hartz IV. „Ohne festen Wohnsitz ist es schwierig, das Geld zu bekommen“, so Müller-Goldenstedt. Davon hängt jedoch auch die Krankenversicherung ab, ohne die eine häufig notwendige medizinische Versorgung schwierig ist. „Deshalb freuen wir uns, dass wir eine kleine Praxis unterhalten können, in der Dr. Weißmann und Dr. Valentiner regelmäßig ärztliche Hilfe anbieten.“
Noch schwieriger ist die Situation allerdings für EU-Bürger, die auf der Suche nach einem Job nach Deutschland kommen: Ohne ein vorheriges Arbeitsverhältnis besteht kein Recht auf Sozialleistungen. Bis September 2015 seien 30 EU-Bürger Unterstützung im Emder Tagesaufenthalt zu Gast gewesen – Tendenz steigend. Und auch die Zahl junger Menschen, die in die Obdachlosigkeit geraten, hat zugenommen: „Mehr als ein Drittel der Hilfesuchenden war im vergangenen Jahr unter 25 Jahre alt“, führte Müller-Goldenstedt aus. Das Spendengeld der SV ist also gut angelegt. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht Unterwäsche. Daran herrscht chronischer Mangel: „Während Oberbekleidung immer mal wieder gespendet wird, sind intakte Unterhosen und Unterhemden nur selten dabei.“