Ein letztes Aloha! – wobei, ich schreibe gerade vom Flughafen Denver aus (neun Stunden Aufenthalt), die Stunden auf der Pazifikinsel sind also bereits gezählt.
Gottseidank kann ich auch wieder normal gehen, das erleichtert das Kofferschieben durch den Flughafen enorm. So sicher war ich mir da am Tag nach dem Wettkampf noch nicht, mit Gehen hatte meine Fortbewegung nämlich nur rudimentär zu tun. So ein Ironman geht eben nicht spurlos an einem vorbei – man erkennt am Nachwettkampftag jeden der Teilnehmer auf Anhieb an seinen sehr langsamen, vorsichtigen und ziemlich unkoordinierten Bewegungen.
Was lässt sich zum ikonischen und legendären Ironman Hawaii sagen? Er ist zurecht ikonisch und legendär! Solche harten Bedingungen sind wirklich außergewöhnlich. Und diese einmal selbst erlebt zu haben, ein unglaubliches Privilieg.
Es beginnt beim Schwimmen im Pazifik – Wellen, Salzwasser und Strömung sind die Standardbedingungen, auf die man sich einstellen muss. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass auch ich als eher schnellerer Schwimmer die ersten fast 20 Minuten brauchte, um aus dem Pulk aus herumwirbelnden Armen und Beinen herauszukommen und einen einigermaßen flüssigen Rhythmus zu schwimmen. Das gelang die zweite Hälfte dann ganz gut, sodass ich mit keiner guten, aber noch zufriedenstellenden Zeit aus dem Wasser kam. In aller Ruhe dann das Salzwasser abspülen, ein Gel zu sich nehmen, Radschuhe und -Helm auf und raus aus der Wechselzone. Dass mich dabei Jan Frodeno abgeklatscht und angefeuert hatte, war ein netter Motivationsschub am Rande.
Auf dem Rad galt es die ersten zehn Kilometer durch die Stadt den Rhythmus zu finden, nicht zu überzocken (der Tag ist seeehr lang) und dann lange, lange, lange den Highway geradeaus gegen Wind und Steigungen zu fahren (und dabei am laufenden Band überholt zu werden). Aber ich war vorsichtig und bin insgesamt zurückhaltend gefahren. Oberste Priorität: Kein Risiko, sondern auf jeden Fall würdevoll ins Ziel kommen.
Beim Laufen zweifelte ich an diesem Ziel recht schnell: Nach drei Kilometern in der stehenden tropischen Hitze zwischen den Hotels an Konas Küstenlinie dachte ich, mir würde der Kopf platzen. Die Verpflegungsstationen waren spärlicher gesät, als ich befürchtet hatte (es gab dieses Jahr einen Mangel an Volunteers). Also irgendwie mit aller Macht runterkühlen: Die Laufcap voll Eis, auf den Kopf damit und weiterlaufen – sieht bekloppt aus, war aber wirklich effektiv und hat immer exakt bis zur nächsten Verpflegungsstation gehalten. So war ab Kilometer acht der Rhythmus wieder da und ich konnte – zwar recht langsam für meine Verhältnisse – dafür aber konstant und im Fehlervermeidungsmodus solide durchlaufen. Die gut 25 Kilometer auf dem Highway sind brutal – wellenartig auf und ab und endlos lang, ohne Schatten und Ablenkung. Da braucht man mentale Härte und muss an jeder Verpflegungsstation gehend alles mitnehmen – jeder kleine Fehler wird später doppelt bestraft. Als es dann zwei Kilometer vor dem Ziel wieder in den Ort ging und die Zuschauer vom Streckenrand anfeuerten, wusste ich, es ist geschafft! Der Zieleinlauf ist nach der über neunstündigen Quälerei natürlich entsprechend emotional – da fällt alles von einem ab (und viele auch einfach um). Es ist verblüffend, wie lange man den Körper trotz allem zum Weitermachen motivieren kann, solange ein Ziel da ist (Finishen!). Sobald man dieses Ziel aber erreicht hat, gehen bei vielen quasi mit dem Schritt über die Ziellinie die Lampen aus.
Insgesamt ein großartiges, wenn auch verdammt hartes Erlebnis. Wir hatten an sich super Bedingungen, aber eine Woche Akklimatisierung reichte als Ostfriese nicht aus, um die Hitze etwas erträglicher zu machen. Ich bin äußerst glücklich und erleichtert, dass mit der wenigen Vorbereitungszeit das Finish möglich und die Zeit sogar noch akzeptabel war – daran hatte ich bis zum Startschuss tatsächlich noch stark gezweifelt. Diese ganze Woche war so groß und so außergewöhnlich, dass ich davon wohl noch lange erzählen kann. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Und wenn der eine oder andere von euch irgendwann mal einen Start auf der Insel in Erwägung zieht – lasst es mich wissen! Der Austausch über die Erlebnisse dort mit vielen, z.T. wildfremden Menschen war sehr spannend und bereichernd und verbindet auf Anhieb.