Internationale Jugendtagung 2024 – Chiara und Ida berichten

Bei der IdeenExpo trafen die Delegierten den Ministerpräsidenten.
Zu Beginn der Internationalen Jugendtagung haben wir uns alle erst einmal langsam und intensiv kennen gelernt.
Folgende sechs Länder haben erfolgreich teilgenommen: Spanien, Niederlande, Frankreich, Ukraine, Polen und natürlich Deutschland. Hauptbestandteil der Reise nach Braunschweig und Hannover war die Teilnahme an der Ideen Expo, bei der wir Stefan Weil unsere Ideen für die Zukunft Europas vorstellten.
Zuvor haben wir in mehreren Workshops für zum Beispiel die SDGs (Sustainable Development Goals) diese Ideen herausgearbeitet. Wir sind auf einige ausgefallene Ideen gekommen (wie z.B. ein neues Schulfach, erklärt durch ein Theaterstück, die wichtigsten Werte performt durch eine Tanzeinlage) und konnten damit viele Menschen beeindrucken. Social Debate“ soll ein Schulfach sein, indem die Schülerinnen und Schüler einmal die Woche unterrichtet werden, sie werden weder benotet, noch für ihre Meinung verurteilt. Das Fach soll ihnen ein gesundes, politisches und soziales Verständnis über Europa und den Rest der Welt bieten. Zum Ende unserer Reise nach Braunschweig, haben wir die Autostadt-Wolfsburg besucht, wo wir an diversen Workshops teilnahmen. Im Anschluss haben wir eine ausgiebige, aber sehr spannende Tour über das Gelände bekommen.
Bei der Internationalen Jugentagung traf die Max-Delegation auch Ministerpräsident Stephan Weil.
Wir haben mit den Vertretern jedes Landes spannende Unterhaltungen geführt, aber vor allem bleiben uns die bewegenden Geschichten der Ukrainer:innen im Kopf, die uns sehr schockierten.
Wir haben uns daraufhin in der Verantwortung gefühlt, den Schülerinnen und dem Lehrer eine Stimme zu geben.
Wir wollen aus ihrer Perspektive berichten und nicht nur unsere Schule, sondern noch mehr Menschen damit erreichen.
Polina, Deike, Sophie, Julina, Merle, Ida, Chiara und Kateryna in Braunschweig.
Deswegen haben wir ein ausgiebiges Interview mit den Ukrainerinnen vor Ort und dem Lehrer Herrn Zinchenko (der jetzt als Soldat tätig ist), geführt.
Er berichtete aus seiner Sicht als Lehrer, Vater, Ehemann und Soldaten.
Seit 2020 herrscht in der Ukraine Online-Unterricht, der 2020 mit der Corona Pandemie begonnen hat und wegen des seit 2022 anhaltenden Russland-Ukraine-Krieg andauert.

Hier, fügte Kateryna (16, Schülerin) hinzu, dass die fünf Jahre Online-Unterricht nicht nur das theoretische Lernen in der Schule einschränken, sondern dass das praktische Lernen dabei vollständig ausbleibt. Besonders betonte sie die mentale Gesundheit, denn das Austauschen mit Gleichaltrigen sei nicht möglich. Zudem betonte sie auch die fehlende Kommunikation über Emotionen in Zeiten des Krieges. Die Kinder und Jugendlichen seien tagelang in ihrem Zimmer alleine vor dem Computer, um bestehende Bildungslücken zu füllen. Während Bomben ins Nachbarhaus einschlagen, müssen sie lernen. Denn das sei ihre Zukunft. Sie brauchen einen Schulabschluss, denn dadurch haben sie die Möglichkeit, irgendwo studieren zu gehen, was in der Ukraine sehr gewöhnlich ist.

Am 30.7.2022 wurde die Hafenstadt mit 40 Raketen in der Nacht bombardiert, viele Menschen sind auf den Straßen gestorben, daran erinnert sich Herr Zinchenko noch genau.
Zerstörungen durch Raketeneinschlag in der Ukraine.
Meist seien die Schüler:innen alleine zu Hause, während ihre Eltern arbeiten und müssen die Bombenanschläge ganz alleine aushalten. Da sie nur 4 Stunden am Tag Elektrizität haben, wissen Sie nie, ob ihre Eltern gerade noch leben oder nicht. Denn Lebenszeichen gibt es nur sehr unregelmäßig. Für Kinder ist es noch immer schwer zu verstehen, was gerade in ihrem Land passiert.
Nur wenige Gebäude haben den Krieg in Snihurivka, einer Stadt in der Region Mykolaiv, überstanden. Viele Kinder sind ohne ihre Eltern aus der Ukraine aber innerhalb Europas geflohen.
Aus Mykolajiv, einer sehr großen Hafenstadt mit einer halben Million Einwohner, sind rund 300.000 Menschen, seit dem der Krieg begonnen hat, geflohen. In den ersten Monaten waren es 200.000.
Wie zum Beispiel Kateryna. Kateryna ist mit ihren Großeltern und ihrem kleinen Bruder aus der Ukraine geflüchtet. Sie ist sehr traurig darüber, dass ihr Bruder eine so elende Kindheit hat.
Sie kümmert sich um ihren kleinen Bruder und ist, wie sie sagt, „eine Art zweite Mama“ für ihn geworden.
Sie wurde während des Gespräches sehr emotional, denn sie sei selber noch ein Kind, was in diese Rolle gedrängt wurde, woraufhin zwangsläufig eine sehr verantwortliche Erwachsene aus ihr wurde.
Sie habe nur liebevolle Erfahrungen mit den Menschen, die sie dort aufgenommen haben, gemacht. Sie erzählte uns, dass sie von jedem dort unterstützt wurde – anders als Polina (15,Schülerin) deren Vater noch immer im ukrainischen Militär als Soldat tätig ist.
Auch sie ist aus der Ukraine geflohen und wurde von Menschen aufgenommen, bei denen sie sehr negative Erfahrung sammeln musste.
„Sie sagten schreckliche Dinge über meine Familie, insbesondere über meinen Vater, der in der ukrainischen Armee ist“, erzählte uns Polina mit tränenüberfluteten Augen.
Die einzige Unterstützung, die sie bekommen habe, sei die von ihrer Mutter gewesen.
Kateryna und Polina betonten aber auch, wie dankbar sie für Menschen wie uns sind, Menschen, die einander helfen und unterstützen.
Die Teilnehmer der Tagung beim Gruppenfoto in Braunschweig.
Um vom Homeschooling zum Offline-Unterricht zu wechseln, wurden einige Maßnahmen ergriffen. Um eine Schule öffnen zu können, braucht sie trinkbares Wasser. Da das in der Ukraine nicht zu gewährleisten ist, trinken die Schüler aus von ihnen gebauten Brunnen. Das Wasserleitungssystem wurde abgestellt, das Wasser, was sie mithilfe von Plastiktüten aus dem See ins Rohrsystem schütteten, wurde sehr salzig und nicht trinkbar. Es wurde nur genutzt als Haushaltsmittel.
Die Schüler brauchen aber auch Bombenunterschlüpfe. Diese wurden zum Beispiel unter Schulen errichtet.
Diese versuchten zudem, digitale Learning Center zu eröffnen, um Schülern zu helfen, verlorenes Wissen wieder herzustellen – eine Art Nachhilfe.
Der erste Schritt für die Schüler war, ins Leben zurückzukehren. Noch immer sind hunderte von Schulen zerstört. Aber auch Kindergärten.
Herr Zinchenko will, dass seine Familie wieder zu ihm kommt, aber kann auch nachvollziehen, dass die Situation einfach noch zu bedrohlich ist, erst recht für seine zwei kleinen Kinder. Dennoch tun die Ukrainer alles, um wieder ein normales Leben führen zu können.
Seine Tochter Matilda ist 2022 in die erste Klasse gekommen, allerdings in Österreich. Sie wurde in der Schule unterrichtet und war nur in der Ukraine im Kindergarten.
Mittlerweile kann sie fast fehlerfrei Deutsch sprechen. Ein ganzes Jahr konnte sie ihren Papa nicht sehen. Es gab nur ein kurzes Treffen und daraufhin ein weiteres Jahr voller Bangen in der Hoffnung, dass ihr Papa alles überlebt bis zum nächsten Wiedersehen.
Die internationale Jugendtagung hat dazu beigetragen, dass sich die Familie wiedersehen konnte.
Alle waren vereint und konnten das Gefühl eine Familie zu sein, nun auch ganz nahe spüren. Schließlich hatte der Vater seine Matilda nicht gesehen, seitdem sie sechs war.
Wir haben Herrn Zinchenko gefragt, wie wir Europäer die Ukraine unterstützen können. Er antwortete damit, dass die Demokratie unserer Länder Macht und Stärke aufzeigt und wir zeigen, was wir damit bewirken. Wir können ihnen mit Waffen helfen und die Ukraine mit medizinischer Versorgung ausstatten.
„We are talking about our real life,  about what we feel“ , sagte Kateryna im Interview. „I really missed my mother, but now when I‘m home I miss all of you“, schrieb uns Polina als sie wieder in der Ukraine ankam.
Wir erzählen hier hauptsächlich von dem Interview, weil das für uns das Prägendste an der ganzen Jugendtagung war und wir der Meinung sind, dass man der Ukraine eine Stimme geben sollte.
Wir sind unfassbar dankbar, diese Chance gehabt zu haben. Wir sind so froh, dass wir die Ukrainer in den Armen halten konnten und hoffen, dass wir dies erneut machen können.
Die Ukrainer berichteten uns, sich lange nicht mehr so sicher gefühlt zu haben. „Ich fühle mich hier so sicher, aber muss dennoch mit dem Gedanken jede Nacht einschlafen, dass meine Mama mitten im Kriegsgebiet ist“, erklärte uns Polina traurig.
Andreas Markurth vom Kultusministerium im Gespräch mit der Max-Delegation.
Und das alles hat uns das Projekt der Internationalen Jugendtagung ermöglicht. Die Kommunikation zwischen den europäischen Ländern hat uns Gänsehaut bereitet. Wir haben gemerkt, dass, wenn es drauf ankommt, wir alle gleich sind. Und dass ist das Wichtigste, was wir aus unserer Reise gelernt haben und mit ins Leben nehmen.
Bericht: Ida Eeten und Chiara Saueressig