Baie groete uit Suidafrika – Jenne Clauß berichtet von ihrem Aufenthalt in Kapstadt

Vor ein paar Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich einen Teil meiner Schulzeit im Ausland verbringen werde, geschweige denn in Afrika. Warum auch ? Ich wusste nie, was es bedeutet ins Ausland zu gehen oder neue Kontinente, Menschen und Kulturen kennenzulernen.

2016 war ich mit meiner Familie in den USA, was mir eindeutig gezeigt hat, dass es ein Leben außerhalb Deutschlands gibt und dass die Welt zu groß ist, um jede Ferien auf Borkum zu verbringen.😁 Danach war für mich klar, dass ich nach der Schule eine Zeit lang ins Ausland gehen möchte. Mit 16 , alleine in ein fremdes Land zu gehen, ohne zu wissen was einen erwartet, war nie etwas, was ich in Betracht gezogen habe.  

Anfang 2022 jedoch, habe ich immer wieder darüber nachgedacht und bin den Gedanken einfach nicht losgeworden, bis ich mich dann einfach beworben habe. Lange wusste ich nicht, ob es überhaupt klappt, aber nach langem Warten und viel Papierkram, habe ich eine Zusage, meine  Gastfamilie, meine Schule und schließlich mein Flugticket bekommen. Manchmal muss man eben die Richtung ändern, um seinen Weg zu gehen… 

Freundlicher Empfang am Flughafen

Am 10. Januar ging es dann früh morgens los. Nach ca. 24 Stunden, die ich unterwegs war, bin ich am 11. Januar in Kapstadt gelandet. Am Flughafen wurde ich von meiner Gastfamilie nett in Empfang genommen…Nach ca. 40 min Autofahrt vom Flughafen Capetown, war ich dann endgültig „zu Hause“. Zu meiner Gastfamilie gehören meine Gasteltern, meine Gastgeschwister, 3 Katzen, 2 Hunde, eine Schlange und wir wohnen in Somerset West, eine Stadt in Western Cape, Kapstadt. 

Die erste Woche hatte ich Zeit, mich an meine neue Umgebung, meine Familie Umstände  zu gewöhnen. Da ich nur eine Stunde Zeitverschiebung habe, hatte ich keine Probleme mit einem Jetlag oder Sonstigem, es gab jedoch vieles andere an das ich mich gewöhnen musste. Zum einen ist es der Sommer hier, wodurch es mir manchmal schwer fällt zu glauben, dass wir Februar haben. Beschweren darüber tue ich mich allerdings auf keinen Fall. Bereits morgens ist es warm und man kann problemlos mit Shorts und Top rausgehen, wenn es nicht zu windig ist. Übertag werden es schnell auch mal 28-38 C, in der Sonne. Mit Regen habe ich hier weniger zu tun.

Eine gewisse Umstellung war auch der Linksverkehr, das Thema „Loadshedding“ (in ganz Kapstadt wird mehrmals täglich für mehrere Stunden der Strom abgestellt/auf Licht, Klimaanlage, Fernsehen oder die Benutzung der Küche muss man dann erstmal verzichten) und natürlich, dass ich alleine nicht zu weit raus darf und überall das Auto brauche bzw. auf meine Gasteltern angewiesen bin. 

Ich habe mich mittlerweile an das meiste gewöhnt und habe auch einen geregelten Alltag, der um ca. 6 Uhr beginnt. Bis ich dann aufgestanden bin, gefrühstückt habe und mich fertig gemacht habe, ist es bereits 07:15. Jeden Morgen bringt meine Gastmutter meine Geschwister und mich zur Schule, die um 8 Uhr beginnt. Aufgrund des vielen Verkehrs, gerade um diese Zeit, muss man etwas mehr Zeit einplanen. 

Ich gehe auf eine Privatschule mit ca. 150 Schülern und 12 Lehrern. Anstatt einer Schuluniform, haben wir ein einfaches schwarzes T-shirt mit dem Schullogo, welches man  nur zu „Assemblys“ (Schulveranstaltung in der Kirche/ca. 2 Mal pro Monat)  oder wenn man seine Hausaufgaben nicht macht, anziehen muss.  Von daher kann ich anziehen was ich möchte und es gibt keine anderen Vorschriften, was den Style betrifft. Dies ist für eine südafrikanische Schule jedoch sehr untypisch. An den meisten Schulen gibt es einen bestimmten Dresscode, der offene Haare, Schmuck, Schminke, Tatoos etc. verbietet und eine Schuluniform vorschreibt.

In „Grade 11“ sind wir ungefähr 18 Schüler/-innen, wodurch es auch mal sein kann, dass man einen Kurs nur alleine, zu zweit oder zu dritt hat. Das ist ein sehr komisches Gefühl. 

Ein normaler Schultag besteht aus 8 Schulstunden (40-45 min), und 2 Pausen (15-20 min). Ich habe hier die Fächer Mathe, Physik, Geografie, Biologie, Englisch, Afrikaans und Life Orientation jeden Tag für eine Schulstunde. Das bedeutet automatisch, dass man alle Hausaufgaben am gleichen Tag machen muss und es ist nicht wenig was wir aufbekommen. Wenn alles gut läuft, endet der Schultag um 14:15. Nach einer Mittagspause von 15 min, beginnt der Nachmittagsunterricht und die „Extralessons“. Während einer Schulwoche ist es hier üblich in jedem Fach mindestens einen Test zu schreiben. Erreicht man in dem Test jedoch weniger als 65-70 %, gilt der als „durchgefallen“ und man muss für das Fach zur Extralesson von 14:30-17:00 Uhr. 

Gerade in den ersten 2 Schulwochen hat mich das zugegebenermaßen ziemlich mitgenommen, da ich als Austauschschülerin natürlich nicht in der Lage bin, die gleiche Leistung zu erbringen wie die Englischsprachigen. Trotzdem werde ich als „normale“ Schülerin behandelt, was auf der einen Seite auch gut ist, aber auf der anderen Seite auch bedeutet, dass ich alle Tests mitschreiben muss. In meiner ersten Woche war ich somit ein paar Mal bis 17:00 Uhr in der Schule und auch den einen oder anderen Samstagvormittag durfte ich in der Schule verbringen…Jetzt nach fast 4 Wochen, habe ich mich daran gewöhnt und eingesehen, dass man lieber keine Pläne für Nachmittags machen sollte.

Sonnenuntergang über Kapstadt

Eine Art Mensa gibt es in der Schule nicht, aber wir haben einen Kiosk, der vieles anbietet. Anfangs war es für mich sehr komisch etwas beim Kiosk zu kaufen, weil in der Schule bereits morgens und vormittags warme Speisen wie Burger, Sandwiches, Hot dogs, Pizza etc. angeboten werden. Brötchen oder Laugenstangen zum Beispiel gibt es nicht.

Willkommene Abkühlung mit Ausblick

Nachmittags etwas mit Freunden zu machen ist schwierig, weil man nie weiß, wer wie lange in der Schule ist. Wenn ich bereits um 15:00 Uhr zu Hause bin, gehe ich gerne für eine kurze Abkühlung in den Pool oder Dam oder mache eine Runde Sport im Gym. Abends liebe ich es raus zu gehen und mir den Sonnenuntergang anzugucken, den ich vom Balkon aus prima sehen kann.

Am Wochenende mache ich meistens etwas mit meiner Familie. Wir haben bereits viele Ausflüge gemacht, sodass ich schon viel von Kapstadt und Umgebung gesehen und erlebt habe. 

Beindruckende Aussicht vom Tafelberg

Jeder Teil ist einfach eine neue Erfahrung und ein neuer Eindruck, weil Kapstadt so vielseitig und nie langweilig ist. Am beeindrucksten war für mich die Ausicht auf Kapstadt vom Tafelberg aus, der zu den neuen 7 Weltwundern der Natur zählt. Wenn man in Kapstadt ist, ist der „Table Mountain“ ein Muss !! Bei gutem Wetter ist es die Aussicht einfach nur Wow.

Ich bin gespannt was mich in den nächsten Wochen noch so erwartet… Die wilden Tiere fehlen noch auf meiner Liste. 

Da ich Englisch in der Schule habe und man generell im Alltag mit Englisch in Kontakt ist, bin ich von Anfang an gut klargekommen mich zu verständigen. Natürlich kann ich nicht alles verstehen und auch manchmal nicht alles so sagen, wie ich es möchte, aber im großen und ganzen weiß ich worum es geht…Schwieriger sieht es dann mit Afrikaans aus. Einzelne Wörter kann ich wohl verstehen, weil es hin und wieder mal Ähnlichkeiten zum Deutschen/Plattdeutschen und Niederländischen gibt. Wenn allerdings die Lehrer oder Menschen in z.B. Restaurants und Supermärkten Afrikaans sprechen, kann ich dem nicht folgen. 

Was das Essen hier angeht, ist es keine „Riesenumstellung“ für mich gewesen, weil vieles genauso auch in Deutschlang gegessen wird. Das einzige, was mir aufgefallen ist, ist dass überall ziemlich viel Fleisch gegessen wird. Da ich persönlich nicht so viel Fleisch esse, war es die ersten Tage ungewöhnlich, fast in jedem Gericht Fleisch zu haben. Aber auch daran habe ich gewöhnt und Wege gefunden, es zu vermeiden oder weniger zu konsumieren.  Das Menü in den Restaurants hier ist sehr fleischlastig, aber auch hier gibt es mittlerweile viele vegetarische Alternativen. Ganz vermeiden lässt es sich jedoch nicht, weil man zumindest einmal den gängigsten südafrikanischen Snack „Biltong“ probieren sollte. Biltong ist Trockenfleisch und besteht aus luftgetrocknetem Rind- und Wildfleisch. Warum jeder Südafrikaner so scharf darauf ist, verstehe ich allerdings nicht. Mein Favorit war es nicht.  Ansonsten gibt es viele leckere Gerichte, aus allen Kulturen und Ländern, die hier zusammen kommen. Das einzige was ich in Europa jedoch vorziehe, ist die Pizza, die bei uns einfach besser ist. 

Auch wenn die ersten Tage, insbesondere die Schule anstrengend waren und viele Überwindungen gekostet hat, bereue ich keine einzige Sekunde meiner Entscheidung. 

Ich bin sehr dankbar für die neuen Eindrücke, die Kultur, die Menschen und die Natur. Es ist einfach einzigartig die Welt aus einer anderen Sicht zu sehen und eine Weile in einem anderen Land zu leben, wo man auf sich alleine gestellt ist. 

Auch wenn ich nur einen Term hierbleibe (manchmal bereue ich es, dass ich nicht länger bleibe), ist es eine Erfahrung, die mein Leben prägt und an die ich mich immer erinnern werde.

Egal ob eine Woche, ein paar Monate, ein halbes oder ganzes Jahr, kann ich jedem, der überlegt ins Ausland zu gehen, nur dazu raten.

Erst hinterm Horizont erweiterst du deinen Horizont und du wirst nicht zurückkommen wie du gegangen bist.

Baie groete uit Suidafrika 

Jenne