Am Samstag sind wir Schüler:innen gemeinsam mit Tswi Herschel und seinen Töchtern Natali und Mirla sowie mit weiteren Verwandten der Familie Herschel nach Westerbork gefahren. Westerbork war ein Durchgangslager, von dem aus ab Juli 1942 vor allem Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager, wie zum Beispiel nach Ausschwitz oder Sobibor, abtransportiert wurden. Neben den jüdischen Lagerinsassen wurden auch Sinti und Roma und Widerstandskämpfer deportiert. Mehr als 107.000 Juden wurden zwischen 1942 und 1944 aus Westerbork per Zug deportiert – auch die Eltern von Tswi Herschel.
Auf dem heutigen Gelände des ehemaligen Kamps Westerborks findet man Denkmäler wieder, da nur ein einziges ehemaliges Haus erhalten blieb. Es wurden beispielsweise zwei Zugwaggons aufgestellt und ziemlich erschreckend dabei ist, dass vor knapp 76 Jahren circa 80 Menschen pro Wagon Platz nehmen mussten, ohne zu wissen was ihnen bevorstand. Allein der Gedanke daran, dass es der Ort war, an dem viele Menschen ihre letzten lebenden Tage verbrachten, machte mich sehr traurig.
Zudem befindet sich auf dem ehemaligen Lagergelände ein nachgebildeter Schienenabschnitt, der das Ende der Schienen darstellt, an dem damals die letzten Wagons der Züge standen. Ziemlich emotional wurde der Besuch, als Tswi mit seiner Tochter Natali eine Zeremonie hielt: Natali hatte uns allen zuvor jeweils einen Stein gegeben, den sie aus Israel mitgebracht hatte. Die Bedeutung der Steine erzählte sie uns vor dem Denkmal, an dem wir diese niederlegten. Es handelt sich dabei um eine jüdische Tradition. Im Judentum werden Steine häufig auf Gräber gelegt, um die Toten zu ehren und in Stille Anteilnahme zu zeigen. Während wir vor diesem Schienenabschnitt standen, sprach Tswi das Kaddisch, das jüdische Totengebet, welches für ihn viel bedeutet und uns alle emotional mitgenommen hat.
Zusammenfassend war es vermutlich für uns alle ein emotionaler Besuch auf dem Lagergelände Westerborks und wir konnten viele neue Eindrücke sammeln. Besonders schön war es jedoch auch mit Tswi und seinen Töchtern ins Gespräch zukommen und noch einmal persönlich Fragen stellen zu können.
Bericht: Merit Klus