Seit diesem Schuljahr ist Okka Barghoorn für einen Auslandsaufenthalt in Kolumbien! Hier berichtet sie über ihre bisherigen Erlebnisse:
Wie es begann…
Schon seit 2016 – zu diesem Zeitpunkt startete die Bewerbungsphase für ein Auslandsjahr meiner Schwester Wiebke – kam ich mit dem Austauschprogramm des Rotary-Jugenddienstes in Berührung. Doch als Wiebke 2017 für ein Jahr nach Argentinien ging, konnte ich es mir selbst nicht vorstellen, ein Jahr fern der Heimat zu leben. 2021, gerade in die 10. Klasse gekommen, beschäftigte mich erneut der Gedanke, mich für ein Auslandsjahr mit Rotary zu bewerben und diesmal kam ich zu dem Entschluss, es zu wagen :).
Somit begann ein intensives Jahr mit Rotary. Viele Treffen für alle Austauschschüler und Vorbereitungen mit interessanten Schulungen fanden in diesem Jahr statt, um uns auf das Ausland vorzubereiten. Es begann eine sehr spannende Zeit!!! Eine völlig neue Kultur, eine ganz andere Sprache, eine neue Familie, neue Freunde, anderes Essen, neue Gewohnheiten warteten auf mich auf der anderen Seite der Weltkugel.
Hola a todos, mi nombre es Okka Barghoorn y actualmente estoy en colombia por un año como estudiante de intercambio.
Am 21.08.2022 war es so weit und ich trat die Reise zu einem anderen Kontinent an. Kolumbien war mein Ziel. Nach einer 20-stündigen Reise um die halbe Welt hieß es ‘Bienvenida en Colombia!‘ und ich wurde von meiner ersten Gastfamilie am Flughafen in Bogotá superlieb in Empfang genommen. Bogotá ist die Hauptstadt von Kolumbien mit ca. 7,9 Millionen Einwohnern und somit sehr belebt. Als ich aus dem Flughafen ging, war das erste was mir auffiel, die laute Musik, die vielen Menschen, eine anders riechende Luft und überall hupende Autos.
Jedoch war an diesem Tag nicht Bogotá mein Ziel, sondern die Stadt Tunja, in der meine Gastfamilie lebt, die nach ca. zwei Stunden Autofahrt zu erreichen ist. Tunja ist die höchstgelegene Großstadt in Kolumbien. Sie liegt 2800 Meter über dem Meeresspiegel und deswegen herrscht hier eher ein kühles Klima. Am Tag sind es meistens zwischen 10 und 20 Grad, wobei die Sonne hier sehr stark ist und man jeden Tag aufpassen muss, keinen Sonnenbrand zu bekommen. An den Abenden und in den Nächten sinken die Temperaturen manchmal bis auf 0 Grad und es ist eisig kalt. Diese Temperaturen herrschen das ganze Jahr über, sodass es hier keine Jahreszeiten gibt.
In den ersten Tagen wurde ich aufgrund der Zeitverschiebung von sieben Stunden vom Jetlag geplagt, was sich – ein Glück!- schnell legte. Ich habe in den ersten Wochen sehr viele neue Menschen kennengelernt und neue Freundschaften geschlossen. Mittlerweile besteht mein Alltag daraus, um 05:30 Uhr morgens aufzustehen. Nach kurzem Frühstück werde ich dann um 06:40 Uhr von meinem Gastvater abgeholt, der mich zur Schule fährt und auch um 16:30 Uhr dort wieder abholt. Wenn er keine Zeit hat, fahre ich mit dem Taxi, was sehr typisch für Kolumbien ist, oder dem Bus zur Schule.
Ich gehe auf eine Privatschule, weil die öffentlichen Schulen in Kolumbien kein großes Ansehen genießen. Es gibt eine Schuluniform, die für mich zu tragen sehr ungewohnt ist, aber auch praktisch, da die morgendliche Überlegung der Kleiderwahl entfällt. In der Schule haben wir von 13 Uhr bis 14 Uhr Mittagspause, in der es für jeden ein Mittagessen gibt. Man kann zwischen pescado (Fisch), carne (Fleisch) und pollo (Hühnchen) wählen und als Beilage gibt es immer Reis und Kartoffeln und Salat. Der Nachmittagsunterricht geht dann noch bis 16:30 Uhr.
Nach der Schule gehe ich manchmal mit Freunden etwas essen oder fahre direkt nach Hause. Am Wochenende, vor allem am Sonntag, ist Familienzeit. Wir gehen oft mit der ganzen Familie oder mit Freunden essen oder besichtigen andere Städte in der näheren Umgebung.
Eine große Herausforderung ist natürlich die Verständigung. Anfangs war diese sehr schwer, da ich kein Spanisch sprechen konnte. Aber schon nach den ersten Wochen gelang es mir, mich auf Spanisch verständlich zu machen und das motivierte mich ziemlich. Es wurde dann immer besser, da ich einfach drauflos sprach und nach neuen Worten fragte oder ein Übersetzungsprogramm benutzte. Dies war anfangs alles sehr aufregend, aber auch anstrengend.
Nach drei Monaten, die ich jetzt in Kolumbien bin, kann ich mich im normalen Alltag soweit gut verständigen und unterhalten. Aber vor allem in der Schule ist es manchmal noch schwierig dem Unterricht zu folgen, da natürlich viele Fachwörter benutzt werden und schnell gesprochen wird. In Kolumbien ist es nicht gebräuchlich, Englisch zu sprechen. Es ist zwar Unterrichtsfach, wird aber meistens nicht sehr gut beherrscht. Manchmal gibt es dann keinen anderen Ausweg, als Zeichensprache oder einzelne Wörter zu benutzen und zu hoffen, dass es verstanden wird :).
Vom Rotary Club leben dieses Jahr sechs weitere Austauschschüler/innen aus verschiedenen Ländern in Tunja. Sie kommen aus Belgien, Brasilien, den USA, Dänemark, Tschechien und Deutschland. Untereinander sprechen wir Englisch, Französisch, Deutsch oder auch Spanisch. Mein Schwerpunkt liegt natürlich im Lernen von Castellano, wie die kolumbianische Sprache hier genannt wird.
Am Anfang war auch das Essen eine sehr große Umstellung. Das typische Essen in Kolumbien ist sehr fleischlastig und es werden immer große Portionen verteilt. Zum Frühstück gibt es oft Fleisch, z.B. Schinken, Würstchen oder Hähnchen und manchmal auch Kartoffeln oder Reis mit Rührei dazu. Zum Mittagessen gibt es immer Fleisch und riesige Portionen. Ich habe schon einige typische kolumbianische Gerichte kennengelernt: ‘Mute‘ ist eine Suppe, die aus Rindfleisch, Schweinefleisch, Hähnchen, Mais, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen, Maiskolben, Kohlblättern, Karotten, Zwiebeln und Petersilie besteht. Das Ganze wird in einer Brühe zubereitet und mit Avocado serviert. ‘Amasijos‘ sind eine Art Brötchen mit Käse gebacken. Dazu trinkt man zum Beispiel ‘Masato‘, ‘Agua de Panela‘ oder auch einfach eine Schokolade (Kakao). Außerdem isst man zwischendurch sehr oft ‘Empanadas‘ oder ‘Arepas‘. ‘Empanadas‘ sind gefüllte Teigtaschen. Sie gibt es mit vielen verschiedenen Füllungen; z.B. mit Mais, mit Fleisch, Hähnchen, Reis, Kartoffel, Ei, Ananas oder auch die so genannten ‘mixtas‘ (gemischt). ‘Bocadillo‘ besteht aus Guavenfruchtfleisch, Panela und Zuckerrohr. Es wird in Mais- oder Bananenblätter eingerollt und so verkauft. Gegessen wird es dann mit Käse und/oder ‘Arequipe‘. ‘Arequipe‘ ist ein Milchprodukt, welches mit Zucker hergestellt wird.
In den ersten Monaten bin ich schon in viele Städte in der Umgebung gereist. Einige von ihnen sind in Paipa, Soata, Raquira, Bogotá und Villa de Leyva. Am schönsten fand ich bisher Villa de Leyva. Es ist eine wunderschöne, historische Stadt, ungefähr 40 Autominuten von Tunja entfernt. Auch unser erstes Introcamp von Rotary fand vom 22. bis zum 25. September in Villa de Leyva statt. Das ist ein Treffen von Rotary, bei dem sich alle Austauschschüler aus unserem Distrikt treffen, die dieses Jahr in Kolumbien sind. Wir waren ungefähr 65 Austauschschüler aus der ganzen Welt und haben die Tage mit Kennenlernen und vielen gemeinsamen Workshops verbracht. Unter anderem haben wir ‘Arepas‘ selber gemacht, Tassen getöpfert, diese dann mit der typischen kolumbianischen Kunst bemalt, eine Rally und kleine Rollenspiele auf Spanisch gemacht.
Was mich noch erwartet
Vom 30.November bis Ende Januar habe ich Ferien. In dieser Zeit werde ich mit meiner Gastfamilie reisen, mit meinen Freunden etwas unternehmen und möchte unbedingt die Wasserfälle von Villa de Leyva besuchen. Mitte Januar werde ich einen Gastfamilienwechsel haben und dort den Rest meines Austauschjahrs verbringen. Im Februar nächsten Jahres werden wir mit Rotary und allen Austauschschülern des Distriktes, nach San Andrés reisen. San Andrés ist eine Koralleninsel im Karibischen Meer. Sie hat eine Fläche von 45 km² und ist die größte Insel der südlichen Inselgruppe von Kolumbien.
Im Mai reisen wir für eine Woche in den Amazonas. Der Amazonas liegt ganz im Süden von Kolumbien und ist mit 110.00 km² das größte ‘Departamento‘ von Kolumbien (‘Departamentos‘ kann man sich wie Bundesländer vorstellen). Das Wetter ist dort meist schwül und die Temperatur liegt zwischen 22° und 33° Celsius. Außerdem werde ich mit meiner Gastfamilie nach Cartagena fahren und Urlaub machen. Cartagena ist eine Stadt im Norden von Kolumbien an der Karibikküste und ist bekannt für die wunderschönen Strände und Hitze im ganzen Jahr. Im Juli 2023 werde ich die Reise zurück nach Deutschland antreten.
Ein Dank geht an alle, die mich vor, sowie während meines Austausches unterstützt haben und unterstützen, besonders an meine Eltern und Schwestern und an die Rotarier, die uns durch ihr ehrenamtliches Engagement diesen Austausch erst ermöglichen. Schon jetzt ist mein Auslandsjahr ein unvergessliches Abenteuer, in dem ich viele tolle, besondere Menschen kennengelernt habe. Ich empfehle jedem, der die Möglichkeit hat an einem Austausch teilzunehmen, diese Chance zu nutzen und ein Abenteuer zu wagen!
Un intercambio no es un año en una vida. Es una vida en un año. Y yo estoy muy agradecida por tener la posibilidad de hacerlo.
Muchos saludos desde Colombia.
Okka
P.S.: Bei Interesse an einem Auslandsjahr könnt ihr mir gerne über IServ schreiben!