Wie? Was? Warum?
2019 bin ich für ein Schuljahr in die USA geflogen und wurde dort von einem Repräsentanten der United World Colleges angesprochen, einer aus 18 internationalen Internaten weltweit bestehenden Bildungsbewegung, welche zu den besten ihrer Art gehören. Er hatte mich während eines außerschulischen, akademischen Wettbewerbes beobachtet und mich anschließend ermutigt, mich dort zu bewerben: „Das klingt doch nach etwas für Dich.” Zunächst war ich vom Bewerbungsverfahren, der geringen Annahmequote und dem Schulsystem abgeschreckt, doch dann habe ich mein Glück im Frühjahr 2020 trotzdem gewagt. Es folgte eine lange schriftliche Bewerbung mit Aufsätzen, Zeugnissen, Empfehlungsschreiben von Lehrkräften, Essays und Motivationsschreiben bis ich zum Interview mit der Auswahlkommission eingeladen wurde. Dort musste ich ein Wochenende lang mein Können in Gruppenaufgaben, Diskussionen, Gesprächen, Interviews mit Psychologen und Tests in Englisch und Mathe unter Beweis stellen. Fast ein Jahr später, im Frühjahr 2021, stand dann fest: Ich ziehe für zwei Jahre nach Singapur!
Schule
Meine Schule ist das United World College of South East Asia (UWCSEA), eine internationale Privatschule mit dem Motto: Bildung zu einer Kraft machen, die Menschen, Nationen und Kulturen für Frieden und eine nachhaltige Zukunft vereint. Derzeit erwerbe ich also das International Baccalaureate (IB), der als anspruchsvollster Schulabschluss weltweit gilt und international als Hochschulzulassung anerkannt wird. Dieses werde ich diesen Mai abschließen. Ähnlich wie beim Abitur werde ich in sechs Fächern geprüft, davon drei als Leistungskurs und drei auf Universitätsniveau. Generell ist das IB dem System der Universitäten näher als dem deutschen Abitur. Zusätzlich werden alle Schüler in Wissenschaftstheorie geprüft und es wird noch das Fach ‘Persönliche und soziale Entwicklung’ gelehrt. Daraus ergeben sich dann pro Fach drei schriftliche Prüfungen, drei mündliche Prüfungen, sechs Facharbeiten und eine verlängerte Thesis (natürlich alles auf Englisch). Nicht zu vergessen sind Anforderungen, die während der zwei Jahre im kreativen, sportlichen und gemeinnützigen Bereich durchgehend erfüllt werden müssen und ohne die das Bestehen des Abschlusses nicht möglich ist. Generell ist die Schule aber sehr spannend: Ich sitze in viel kleineren Klassen, welche mit Schülern aus der ganzen Welt gefüllt sind, was einem ganz andere Perspektiven ermöglicht. Auch das Leben im Internat ist meist sehr aufregend und definitiv anders, als das, was ich aus Emden oder den USA gewohnt bin. Der ökonomische und soziale Hintergrund meiner Mitschüler ist anders: Da zwei Schuljahre hier umgerechnet 160.000€ kosten, sind die finanziellen Hintergründe meiner Mitschüler ziemlich homogen. UWCSEA ist die größte internationale Schule in Singapur und hat damit auch einen guten Ruf in Asien, weswegen viele finanziell erfolgreiche Familien ihre Kinder hier ans Internat schicken, sollten sie das Auswahlverfahren bestehen. Auch die Prinzessinnen von Spanien oder beispielsweise die Prinzessin der Niederlanden besuchen derzeit ein UWC. Die ganze Idee hinter UWC ist es jedoch, begabte Schüler aus allen sozialen Schichten zu unterstützen, weswegen auch einige Stipendiaten an die Schule gehen. Mitgegründet wurde UWC übrigens vom jetzigen König von England, Charles dem III. Nelson Mandela war mal Präsident der UWC-Bewegung und wurde nach seinem Tod von Königin Noor Al-Hussein von Jordanien abgelöst. Fun fact: UWC wurde kürzlich für den Friedensnobelpreis nominiert.
Das deutsche Nationalkomitee hatte für meinen Jahrgang einen Platz an meiner jetzigen Schule, welcher glücklicherweise an mich ging. Die Entsendung deutscher Schüler findet jedoch jetzt erstmal auf unbestimmte Zeit nicht mehr statt.
Singapur
Ein Must-See auf jeder Asienreise! Singapur ist gerade mal so groß wie Hamburg, hat aber dreimal so viele Einwohner und zählt zu den weitesten entwickelten Ländern weltweit. Zwar ist Singapur leider auch die teuerste Stadt weltweit, doch hat sie aber viel zu bieten. Singapur zeichnet sich durch einzigartige Architektur aus, hat eine der niedrigsten Kriminalitätsraten der Welt, ist sehr international, futuristisch und hat immer gutes Wetter. Letzteres hängt allerdings davon ab, ob man 30°C im Schatten und tropisches Klima im Sommer und Winter und bei Tag und Nacht mag. Abschließend kann ich nur sagen, dass das hier definitiv kein Kinderspiel ist. Die Umstellung auf ein anderes Land, so ganz alleine und dann noch auf ein anderes Schulsystem war alles andere als einfach. Aber genau das habe ich ja auch gesucht – eine Herausforderung. Ich habe mich in den letzten Monaten nicht nur intellektuell, sondern besonders auch persönlich weiterentwickeln können, wie sonst wahrscheinlich nirgends. Ich darf mein Horizont erweitern, über den Tellerrand hinausschauen und teilweise mit den klügsten Köpfen meiner Generation zusammen lernen und leben, wobei ich bis jetzt nicht verstehen kann, wie gerade ich aus den Tausenden von Bewerbern ausgesucht wurde. Bereuen tue ich es auf keinen Fall. Jetzt habe ich noch knapp drei Monate bis zur Graduierung und freue mich schon sehr auf das, was danach kommt!
Meldet euch gerne bei irgendwelchen Fragen via E-Mail: leon.anhalt@gmx.de.
Liebe Grüße, euer Leon.