In Rahmen des Seminarfaches „Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten – Astronomie“ haben wir eine Exkursion nach Lilienthal zum Telescopium
und zur Sternwarte der Olbers-Gesellschaft https://olbers-gesellschaft.de/index.php/sternwarte in Bremen unternommen. Erstaunlicherweise waren diese beiden Orte um 1800 astronomisch von wirklich weltbewegender Bedeutung: In Lilienthal stand das wohl optisch beste Teleskop dieser Zeit auf dem europäischen Festland, mit dem Hieronymus Schröter seine Mondbeobachtungen auf Kupfer scharf gestochen in den selenographischen Fragmenten publizierte. Dort trafen sich auch die Mitglieder der „Himmelspolizey“, die den Himmel systematisch nach Planetoiden abgesucht hat. Zu dieser gehörte Heinrich Wilhelm Matthias Olbers, der Überlegungen zur Kosmologie anstellte („Olberssches Paradoxon“: Warum ist der Himmel nicht unendlich hell, wenn es unendlich viele Sterne gibt?) Ebenso hat Friedrich Bessel die Vorstellungen des Universums verändert, der später mit der ersten genauen Messung einer Sternenparallaxe die Grundlagen der Entfernungsmessungen in unserer Milchstraße legte. Auch er wirkte in Lilienthal.
Das Hauptteleskop in Lilienthal ist nach den Prinzipien der experimentiellen Archäologie wieder aufgebaut, mit kleinen Veränderungen, u. a. ist der Spiegel aus Glas statt Metall, der Antrieb funktioniert elektrisch statt mit Muskelkraft (Schröters Gärtner hat einen Rollenwagen mühsam mittels Hebel bewegen müssen, um das Teleskop von mehr als 8m Länge nachzuführen). Dieses Teleskop und seinen Unterstand konnten wir ausführlich begutachten. Dabei stellt sich heraus, wie aufwändig es gewesen sein muss, so eine Sternwarte zu betreiben und zu unterhalten, erst recht mit den Mitteln der damaligen Zeit.
Im Anschluss sind wir zur Sternwarte in die Stadt Bremen gefahren und hatten dort Gelegenheit, die Sonne in Weißlicht und H Alpha durch Teleskope jeder Größe zu beobachten (ACHTUNG! NIEMALS selbst in die Sonne ohne ausreichende Filter schauen!). Da der Elfjahreszyklus der Sonnenfleckenaktivität sich dem Ende zuneigt, waren sehr viele Sonnenflecken zu sehen. Und auch Protuberanzen gab es reichlich, eine hat sich gerade von der Sonnenscheibe gelöst.
Mit diesen tollen Eindrücken ging es zurück nach Emden. Und der Referent in Lilienthal hatte Recht: Das menschliche Auge ist der Fotografie in der beobachtenden Astronomie insofern überlegen, als dass die Fotos die Belichtungszeit zu Unschärfen summieren, das Auge aber den einen Moment in das Hirn brennt, in dem das Bild scharf ist.
Und Dank an Inga Störk für die Sonnenfotos durchs Handy!
Martin Stenke