Einmal ans Ende der Welt und wieder zurück

Max-Schülerin Wiebke Barghoorn verbringt gerade ein Auslandsjahr in Argentien und berichtet von ihren bisherigen Erlebnissen:

‚Bienvenida en Argentina!‘ hieß es am 19.08.2017 als ich endlich nach 35 Stunden Reise um die halbe Welt in meinem neuen Zuhause in Formosa/Argentinien ankam. Formosa ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, liegt im Norden von Argentinien direkt am Grenzfluss zu Paraguay und hat ca. 200.000 Einwohner. „Hier werde ich für das nächste Jahr leben!“

Nach einem super-freundlichen Empfang von meiner ersten Gastfamilie am Flughafen waren mir zu Ehren viele Familienmitglieder und Freunde meiner Gastgeschwister am Abend zu einer ersten Willkommensparty eingeladen. Ich war leider von der Reise sehr erledigt, so dass ich mir an diesem Abend wenige der netten Gesichter und schon gar nicht die dazugehörigen Namen merken konnte. In den ersten Wochen habe ich jedoch schnell viele neue Menschen kennengelernt und erste Freundschaften geschlossen. Mittlerweile ist es auch für mich schon zur Gewohnheit geworden, mich oft mit Freunden zu treffen und die Freizeit gemeinsam mit ihnen z.B. an der Costanera am Grenzfluss Rio Paraguay zu verbringen. Das Leben findet hier meistens in den späten Abendstunden und in der Nacht statt und nun, da es Sommer ist, verstehe ich auch warum die meisten Menschen nachtaktiv sind; die Temperaturen sinken nachts auf ca. 25°C. Tagsüber wird es zurzeit bis zu 45°C heiß! Und es ist angenehm mittags/nachmittags die heißeste Zeit für eine ausgiebige Siesta zu nutzen! Auch die Geschäfte haben dann geschlossen.

Eine große Herausforderung ist natürlich die Verständigung. Von Rotary Clubs aus der ganzen Welt sind weitere acht Austauschschüler/innen aus sieben Ländern in Formosa untergebracht. Untereinander sprechen wir Englisch oder Französisch. Mein Schwerpunkt liegt allerdings im Lernen von Castellano, wie die spanische Sprache hier genannt wird. Anfangs war die Verständigung sehr schwer, da ich kein Spanisch sprechen konnte. Ich verständigte mich sehr viel über Zeichensprache und versuchte es auch über Englisch, was hier allerdings nicht sehr verbreitet ist. Aber schon nach den ersten Wochen gelang es mir, mich auf Spanisch verständlich zu machen und das motivierte mich ziemlich. Es wurde dann immer besser, da ich einfach drauflos sprach und nach neuen Worten fragte oder ein Übersetzungsprogramm benutzte, was anfangs alles sehr aufregend, aber auch anstrengend war. Mittlerweile kann ich mich im normalen Alltag gut unterhalten!

In der Schule ist es etwas schwieriger, da in vielen Fächern natürlich haufenweise Fachwörter benutzt werden. Am einfachsten ist der Mathe-Unterricht, dem ich schon schnell folgen konnte. Bis Ende November bin ich gemeinsam mit meinen Gastgeschwistern auf eine Privatschule gegangen. Vom Kindergartenalter bis zum Schulabschluss werden dort ca. 200 Schüler/innen unterrichtet, es ist also eine sehr kleine Schule. Der Unterricht findet hauptsächlich vormittags statt, nur ein paar Sportkurse werden nachmittags gegeben.

2017 hatte meine Schule 25jähriges Jubiläum und es gab eine große Feier, zu der alle Schüler/innen etwas beigetragen haben und auch die Eltern eingeladen waren.

Ende November war die Schulzeit erst einmal vorbei, da ich mit 34 weiteren Austauschschüler/innen unseres Rotary Distrikts an einer dreiwöchigen Reise in den Süden Argentiniens nach Patagonien teilnahm.

Zu den schönsten und unvergesslichsten Erlebnissen, die wir auf dieser Reise bestaunen konnten, gehören der Gletscher Perito-Moreno in Calafate, eine Bootstour auf der uns Wale begleiteten in Puerto Madryn, die Fahrt zum südlichsten Leuchtturm der Welt in Ushuaia und eine Wanderung im größten Skigebiet Südamerikas in Bariloche.

Nach dieser traumhaften Reise fingen gleich die dreimonatigen Sommerferien an, die nun leider am 4.März 2018 zu Ende gehen.

Nachdem das Jahr 2017 sich ziemlich unspektakulär verabschiedete, denn Weihnachten bei 30°C und eher mit Freunden als Party gefeiert, war nicht so wirklich Weihnachten für mich, stand der Wechsel meiner Gastfamilie an. Es war der 1.Januar 2018 und nach einer Silvesterfeier mit meiner Gastfamilie und einem großen Asado-Essen verabschiedete ich mich von meiner ersten Gastfamilie, um eine weitere Familie kennenzulernen.

Das Asado-Essen ist eine typische Tradition, bei der man sich meist am Sonntag gemeinsam zum Essen mit der Familie trifft. Es gibt aber generell viel Fleisch und die Beilagen kommen meiner Meinung nach zu kurz. Auch das Trinken von Mate und Terere sind echte Tradition des Landes und hier sehr verbreitet. Mate ist ein Heißgetränk. Die Teeblätter werden mit heißem Wasser aufgegossen und es wird dann getrunken. Der Becher wird immer wieder aufgefüllt und in der Gruppe weitergereicht. Getrunken wird aus einem Strohhalm aus Metall. Terere dagegen wird mit der gleichen Art von Teeblättern zubereitet wie Mate, nur ist das Wasser eiskalt.  Oft wird Terere im Sommer getrunken, wenn man sich mit Freunden am Pool trifft. Die Zubereitungsart und die einzelnen Zutaten, die benutzt werden, sind von Familie zu Familie sehr unterschiedlich. In meiner Gastfamilie z.B. wird Terere mit Ingwer und Zitrone zubereitet.

Mit meiner zweiten Gastfamilie begann das nächste Abenteuer, denn wir fuhren Anfang Januar für drei Wochen in die Provinz Buenos Aires und ich lernte in fünf Tagen die Hauptstadt Buenos Aires kennen. Wir fuhren mit einem Touristenbus durch die ganze Stadt und besichtigten unter anderem das bekannteste Theater – Teatro Colón und das Museo de Bellas Artes, in dem die wichtigsten Sammlungen Lateinamerikas ausgestellt sind. Die restliche Zeit des Urlaubs verbrachten wir in dem kleinen Ort Santa Clara del Mar direkt am Atlantik und haben dort Strand, Sonne & Meer genossen.

Was noch auf mich zukommt:

Ab sechsten März werde ich die restlichen Monate auf eine staatliche Schule gehen und bin schon auf die Veränderungen gespannt.

Mitte April werde ich in meine dritte und letzte Gastfamilie ziehen.

Im Juni werden wir ein Rotary Camp mit allen Austauschschülern des Distriktes (ca. 60 aus der ganzen Welt) in Iguazú haben. Die Cataratas del Iguazú (Iguazú Wasserfälle) liegen im Länderdreieck: Argentinien-Brasilien-Paraguay und sind die größten Wasserfälle der Welt. Sie bestehen aus 20 großen, sowie 255 kleinen Wasserfällen.

Im Juli 2018 werde ich die Rückreise nach Deutschland zu meiner deutschen Familie antreten.

Ein Dank an alle, die mich in, vor, sowie während meines Austausches unterstützt haben.

Das Auslandsjahr wird für mich immer ein unvergessliches Abenteuer bleiben, in dem ich so viele neue, besondere Menschen kennengelernt habe.

Wer die Möglichkeit hat einen Austausch wahrzunehmen, dem empfehle ich unbedingt, diese Chance zu nutzen.

Un intercambio no es un año en una vida. Es una vida en un año. Y yo estoy muy agradecida por tener la posibilidad de hacerlo.

Muchos saludos desde argentina.

Wiebke